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Western von gestern

Western von gestern – Wie sehr prägen uns unsere Lieblingsserien?

Was habe ich diese Serie geliebt: Begeistert saß ich Mitte der 80er Jahre vor dem Fernseher, wenn „Ich heirate eine Familie“ lief. Für die, die es nicht wissen: Thekla Carola Wied und Peter Weck spielten darin die Eltern einer Patchworkfamilie, die damals noch längst kein alltägliches Phänomen war. In der ZDF-Mediathek sind gerade sämtliche Folgen wieder anzuschauen. In einem Anfall von Nostalgie habe ich genau das getan– und war entsetzt: War mir denn früher gar nicht aufgefallen, wie verstaubt und patriarchalisch es in der Serie zuging?

Angesichts der handelnden Personen fühlte ich mich eher in die 50er versetzt: Die Männer drängen ihre Ehefrauen, ihren Beruf aufzugeben, um mehr Zeit für die Familie zu haben. Und die meisten Frauen gehen darauf ein, obwohl sie gerne weiterarbeiten würden. Die Protagonistin rät ihrer Freundin, den Ehemann – einen notorischen Fremdgeher – doch lieber nicht zu verlassen, da sie sonst allein und traurig zurückbleiben könnte. Die Serie endet, als der Ehemann eine Blinddarmentzündung hat und die Frau daraufhin (von schlechtem Gewissen geplagt, als hätte sie den Blinddarm retten können) ihren Job kündigt, in dem sie gerade so richtig Karriere macht. Natürlich sind alle überglücklich. Ganz schön harter Tobak!

Spontan frage ich mich, wie sehr die Serie mich und andere Frauen wohl geprägt haben mag. Hat sich im allgemeinen Wohlgefühl, in dem wir beim Zuschauen schwelgten, unmerklich so manche Denkweise in unsere Gehirnwindungen geschlichen und dort festgesetzt? Schon möglich. So habe ich zwar als Mutter immer auch meinen Beruf geliebt und gearbeitet, aber es gab schon die eine oder andere innere Hürde und noch viel mehr kritische Kommentare von außen zu überwinden. Das ist natürlich nicht der Effekt einer einzigen Serie, und doch lassen wir uns in unseren Werten auch unbewusst von den Medien beeinflussen.

Erst recht heute, wo wir noch deutlich mehr Zeit mit Netflix und Co. verbringen. Zum Glück haben sich die Inhalte grundlegend verändert. Serien, in denen Frauen für ihre Rechte kämpfen und über Männerbünde triumphieren, stehen hoch im Kurs. Von „Mad Men“ über „Girls“ bis „House of Cards“: Überall wimmelt es von starken Frauenfiguren. Ich bin überzeugt davon, dass die Frauen, die heute gegen Ungerechtigkeiten angehen, auch von solchen Serien ermutigt wurden. Denn Vorbilder – selbst wenn es sie nur in der Fiktion gibt – machen uns stark. Frauenpower ist sexy!

Ob es unbedingt ein Wiedersehen mit „Ich heirate eine Familie“ geben muss, sei dagegen mal dahingestellt. Dass die Serie nicht mehr auf der Höhe der Zeit ist, haben die Verantwortlichen beim ZDF auch erkannt: Sie läuft unter der Rubrik „Retroserie“.

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