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Das Paula-Prinzip

Sicher kennen Sie das Peter-Prinzip. Dabei handelt es sich um ein bereits in den 60er Jahren entwickeltes Konzept. Es behauptet, dass Mitarbeiter so lange aufgrund ihrer Kompetenz befördert werden, bis sie eine Stufe ÜBER ihrem Kompetenzlevel angekommen sind: Für diesen Job sind sie dann zwar unterqualifiziert, machen ihn aber dennoch weiter. So kommt es zu den vielen unfähigen Führungskräften, über die häufig und in vielen Fällen auch zu recht geschimpft wird.

Doch es kommt noch dicker: Dieses Prinzip gilt nur für Männer. Zumindest nach der Beobachtung des britischen Wissenschaftlers und Autors Tom Schuller erleben Frauen sogar das genaue Gegenteil: Sie bleiben in Positionen stecken, die UNTER ihrem Kompetenzlevel liegen. Und das nicht nur kurz vor der obersten Chefetage unter der so genannten gläsernen Decke, sondern auf allen Jobebenen. Betroffen sind Frauen aller Berufsgruppen und Hierarchiestufen. Schuller nennt dieses Phänomen das Paula-Prinzip und beschreibt damit das weibliche Gegenphänomen zum männlichen Peter-Prinzip. Addiert man beide zusammen, erhält man überqualifizierte Frauen mit unterqualifizierten Chefs.

Warum das so ist, fragt sich Schuller in seinem im vergangenen Jahr und bislang nur auf Englisch erschienenen Buch „The Paula Principle“. Als Begründung nennt er unter anderem: Diskriminierung aufgrund des Geschlechts. So habe sich das Arbeitsklima für Frauen zwar deutlich gebessert, die ungleiche Behandlung von Männern und Frauen sei aber immer noch ausgeprägt genug, um weibliche Karrieren zu bremsen. Und: Frauen trauen sich weniger zu und stellen ihr berufliches Fortkommen seltener an die erste Stelle. Auch sind sie immer noch diejenigen, die sich hauptsächlich um die Kinder und die Pflege von Angehörigen kümmern.

Der argentinische Psychologe und Sozialwissenschaftler Thomas Chamorro-Premuzic hat eine weitere Theorie dazu aufgestellt, warum es so viele ungeeignete männliche Chefs gibt. Auf der Grundlage seiner eigenen Forschungsergebnisse erklärt er: Wir als Gesellschaft können nicht zwischen Selbstüberzeugung und tatsächlichem Können unterscheiden. Und da ein starkes Selbstbewusstsein deutlich häufiger bei Männern vorkommt als bei Frauen, wird ersteren auch mehr zugetraut. Und in Gruppen, die noch keine Führungsperson haben, werden häufig Personen als Anführer gewählt, die aggressive, selbstbezogene und narzisstische Züge aufweisen. Allesamt Eigenschaften, die häufiger bei Männern zu finden sind als bei Frauen, wie Chamorro-Premuzic weiter ausführt. Und jetzt kommt der springende Punkt, an dem ganz besonders auch Unternehmen aufhorchen sollten: Diese Männer seien zwar bestens dazu geeignet, in eine Führungsposition zu gelangen, aber nicht dazu, sie gut auszufüllen. Hierzu nämlich brauche es andere Eigenschaften und Fähigkeiten wie Bescheidenheit, emotionale Intelligenz und den Willen zur Kooperation. Diese wiederum seien deutlich häufiger bei Frauen zu finden.

Sowohl aus dem Paula-Prinzip als auch aus der Selbstüberschätzungsthese folgt: Es müssen ganz dringend mehr Frauen in Führungspositionen gelangen! Dazu brauchen wir Frauen, die stärker von sich selbst überzeugt sind. Zudem brauchen wir ein Umfeld, in dem sie ihre Stärken entfalten können. Dazu benötigen sie die Unterstützung ihrer eigenen Männer, die zuhause mit anpacken müssen. Ganz wichtig ist aber auch das Commitment der Unternehmen, die ihnen mit stimmiger Talentförderung und angemessenen Arbeitszeiten eine entsprechende Karriere ermöglichen.

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