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Empathie

Empathie – Karriereturbo oder Laufbahnkiller?

Empathie gilt heute als die Führungskompetenz schlechthin. In Stellenanzeigen und Karriereratgebern wird von modernen Chefs und Chefinnen Einfühlungsvermögen gefordert. Wenn es wirklich danach ginge, müssten Frauen die Führungsetagen stürmen. Denn, das zeigt nicht nur meine Beobachtung: Frauen sind meist empathischer als Männer.

Die Realität sieht jedoch anders aus: Nach wie vor gibt es zu wenig weibliche Führungskräfte und diejenigen Frauen, die einen Chefposten innehaben, sind laut Studien oftmals sogar gefühlskälter als ihre männlichen Kollegen. Insgesamt haben Forscher herausgefunden: Je höher die Position einer Führungskraft ist, desto weniger schert sie sich um das Befinden ihrer Mitmenschen.

Haben also ausgerechnet die Frauen Erfolg, die weniger stark in die Gefühlswelt von Mitarbeitenden und Kollegen eintauchen und stattdessen mehr auf ihre Ellenbogen setzen? Ist Empathie sogar schädlich für die Karriere? Ganz so einfach ist die Antwort zum Glück nicht. Empathie ist eine wunderbare Gabe für Frauen und natürlich auch für Männer. Mitgefühl richtig einzusetzen, ist jedoch gar nicht so einfach. Und: Falsch verstanden kann Empathie tatsächlich die Karriere ausbremsen.

So leiden Frauen meist stärker mit als ihre männlichen Kollegen, wenn jemand krank ist, Eheprobleme hat oder aber enttäuscht ist, weil er oder sie nicht befördert wird. Das kann auf Dauer nicht nur emotional belastend sein und Kraft rauben. Es kann auch dazu führen, dass die Frau sich selbst zu viel Arbeit auflädt, um zu helfen. Oder dass sie sich ganz bewusst nicht auf den Chefposten bewirbt, um die Konkurrenzsituation zu vermeiden. Und das – da kennen Sie meinen Standpunkt – ist alles andere als karriereförderlich. In diesen Fällen gilt es, sich trotz des Mitgefühls von anderen abzugrenzen, auf das eigene Wohlbefinden zu achten und seine Pläne zu verfolgen. Also: Trotzdem nach dem Chefposten zu streben und sich nicht für Kollegen krummzulegen, die gerade andere Prioritäten haben, sollten diese auch noch so gut nachvollziehbar sein.

Andererseits können Chefinnen – ebenso wie männliche Vorgesetzte – ihr Einfühlungsvermögen durchaus schlau für sich nutzen. Um zu erspüren, wie sich ihre Mitarbeitenden fühlen, um ihre Stimmung aufzunehmen und auch auf ihre Bedenken einzugehen. Denn moderne Formen der Zusammenarbeit erfordern den ständigen Austausch ebenso wie die Beschäftigung mit unbequemen Ansichten. Wer sich nicht in die Gedanken- und Gefühlswelt anderer hineinversetzen kann, vergibt die Chance auf kluge und ausgewogene Entscheidungen. Zudem dürfte es ihm auf Dauer schwer fallen, seine Mitarbeitenden zu motivieren.

Aber auch hier gilt: Emphatisch sein und die Sichtweise von anderen zu verstehen, bedeutet nicht, es allen recht zu machen. Viel mehr geht es darum, nach dem sachlichen Abwägen der Argumente die beste Lösung zu finden und diese dann – wenn nötig auch gegen Widerstände – durchzusetzen.

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