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Frauen, beschwert Euch!

Frauen, beschwert Euch!

Tief bewegt habe ich am Wochenende die großen Frauenmärsche überall auf der Welt verfolgt. Was für eine eindrucksvolle Demonstration, wenn auch aus beunruhigendem Anlass. Vor allem in den USA wurde ja zuletzt überdeutlich, dass wir wachsam bleiben müssen, damit uns das bisher Erreichte nicht wieder genommen wird. Noch immer sind wir weit davon entfernt, uns zufrieden zurücklehnen zu können.

Frauen sind keineswegs gleichberechtigt, auch nicht in unserer so fortschrittlichen westlichen Welt.
Das wurde mir erneut schmerzlich bewusst, als ich vor kurzem in der FAZ das Interview mit der Tech-Unternehmerin Vivienne Ming las. Die promovierte Neurowissenschaftlerin und vielfache Unternehmensgründerin aus den USA ist Transgender und lebt seit zehn Jahren als Frau. Sie hat daher einen Vergleich, wie man als Mann oder Frau in der Geschäftswelt behandelt wird. Ihr verheerendes Urteil: Es sei „ein Unterschied wie Tag und Nacht“.

Als Mann habe sie weniger Schwierigkeiten gehabt, Kapital zu bekommen, sagt Ming. Als Frau dagegen sei es zäh gewesen, obwohl die Investoren ihre Idee nicht in Frage gestellt hätten. Einer von ihnen habe ihr nach einer erfolglosen Präsentation sogar über den Kopf getätschelt und gesagt, sie könne stolz auf das Erreichte sein. Bei einem Mann wäre das undenkbar gewesen!

Vivienne Ming, die sich mit Big Data beschäftigt, wollte das so nicht akzeptieren.
Sie sammelte Datenmaterial, verfolgte mehr als 100.000 Unternehmer und Unternehmerinnen über zehn Jahre hinweg und stellte fest: Eine weibliche Gründerin erhält nur 60 Prozent des Risikokapitals, das ihr männlicher Kollege bekommen würde – ganz unabhängig von den Erfolgsaussichten ihrer Geschäftsidee.

Ein Skandal, wie ich finde. Angesichts solcher Zahlen ist kaum verwunderlich, dass es nach wie vor sehr viel weniger weibliche Gründerinnen gibt – auch hierzulande. Dabei geschieht diese ungleiche Behandlung oft nicht einmal bewusst, meint Ming. Die Investoren hätten nur mehr Erfahrungen mit Männern gesammelt, daher falle es ihnen leichter, diese einzuordnen.

Frauen würden dagegen schnell unterschätzt. Diese Schieflage auszugleichen erfordert einen riesigen Aufwand: rund 250.000 Dollar müssten sie mehr in ihre Bildung, Preise und andere Nachweise ihrer Qualifikation investieren als Männer, hat Ming berechnet. Es gelte, so die Wissenschaftlerin, den Blick der Menschen zu korrigieren, die Kapital vergeben und Leute einstellen.

Das kann ich nur unterstützen. Wenn wir es nicht bei dieser Ungleichheit belassen wollen, ist es sicher eine gute Idee, immer wieder auf die bestehenden Missstände hinzuweisen – vielleicht ja sogar auf einem Frauenmarsch.

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