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Nichts als Gedöns?

Nichts als Gedöns?

Was haben sich alle echauffiert über Gerhard Schröder, als er zu der SPD-Politikerin Christine Bergmann sagte, sie werde Ministerin für „Familie und das andere Gedöns“. Natürlich war es eine üble Entgleisung des damaligen Bundeskanzlers, Themen wie Frauen, Senioren und Jugend so abzuwerten. Doch mein Eindruck ist, dass sich seitdem nicht viel verändert hat. Noch immer herrscht die Einstellung vor, dass die Belange von Frauen nicht wirklich relevant sind. Das muss ich auch in meiner täglichen Arbeit immer wieder erfahren.

Es ist mein Herzensanliegen als Trainerin, Coach und Autorin, Frauen in Führung zu bringen. Seit ich mein Buch „Weck die Chefin in Dir“ veröffentlicht habe, erhalte ich viele Einladungen von Frauen zu Vorträgen oder Workshops in ihren Netzwerken und Unternehmen. Es sind Rechtsanwältinnen, Bankerinnen, Chefredakteurinnen, Chef-Ärztinnen, Abteilungsleiterinnen oder Unternehmerinnen, die mich als Expertin für das Thema „Karriereentwicklung“ und „Stolpersteine im Umgang mit Männern“ engagieren wollen. Frauen, die gutes Geld verdienen, aber trotzdem eines nicht wollen: mich anständig und fair bezahlen.

Erst kürzlich erhielt ich ein Angebot von einem Frauennetzwerk aus einem der exklusivsten Wohnviertel im Süden Deutschlands. Sie hatten mich für einen Vortrag angefragt und waren ziemlich begeistert von meinem Angebot. Leider, so schrieben sie, könnten sie mir nicht mehr als eine Spendenquittung dafür anbieten.

Von vielen großen Unternehmen und Beratungen bekomme ich zu hören, dass sie mich gerne für eine „kleine Aufwandsentschädigung“ gewinnen würden. Ein Budget für das Thema Frauen stünde ihnen nicht zur Verfügung. Unvergessen bleibt mir auch die Aussage einer Vertreterin der mittelständischen Wirtschaft: „Wir können Sie leider nicht bezahlen. Der bekannte deutsche Trendforscher, der gerade bei uns gesprochen hat, war einfach zu teuer.“

Mal ehrlich: Welchen Männern würden derartig unmoralische Angebote gemacht?

Ich bin nach solchen Erlebnissen nicht nur verärgert, sondern auch erschüttert. Denn ich weiß, dass es Kolleginnen und einigen Kollegen von mir ebenso ergeht. Frauen in Führung zu bringen ist hierzulande noch immer nur nice-to-have. Kein Thema, in das man ernsthaft investieren möchte. Dabei liegt es doch auf der Hand: Wer diese Aufgabe nur als netten Zeitvertreib betrachtet, wird nicht mehr als halbgare Ergebnisse ernten. Und wenn sogar die Frauen selbst ihre Belange nicht ernst nehmen, wer soll es dann tun?

Gerhard Schröder hat sich übrigens zwölf Jahre nach seinem „Gedöns“-Ausrutscher dafür entschuldigt. Reichlich spät, wie ich finde. Ich hoffe, dass ein echtes Umdenken bezüglich der Relevanz von Frauenförderung schneller erfolgen wird.  

 

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Kommentar von Ingrid Heintz |

Sehr geehrte Frau Meuselbach,

manchmal bleibt nur der Spruch "ich kann gar nicht so viel essen, wie ich k... möchte"

Ich glaube nicht, dass von Männern erwartet wird, für eine Aufwandsentschädigung einen Vortrag zu halten. Männer haben ja was zu sagen und vor allem nicht das weibliche Helfen-wollen-Gen, also kann man das von ihnen auch nicht erwarten. Es ist noch ein langer Weg zur Gleichberechtigung und ein Galionsfigur verlangsamt eher, als dass sie den Weg beschleunigt.

Herzliche Grüße

Ingrid Heintz

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