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Hochstapler

Hochstapler

Mogelpackung in der Führungsetage

„Ich habe einfach Glück gehabt“, diesen Satz höre ich oft, wenn ich mit hochqualifizierten Führungskräften spreche – mit weiblichen, wohlbemerkt. Denn Männer würden wohl kaum ihre eigene Karriere auf Glück oder Zufall zurückführen, sondern auf Können und Kompetenz. Warum fällt es uns Frauen so schwer, das auch zu tun? Psychologen sprechen vom Hochstapler-Syndrom, wenn Menschen glauben, sich ihre Leistungen und Erfolge erschlichen zu haben. Sie befürchten, jemand könnte merken, dass sie eigentlich gar nicht so gut und fähig sind, wie alle glauben. Studien zufolge schätzen sich zwei von fünf Menschen als Hochstapler ein, darunter mehrheitlich Frauen. Sogar die Schauspielerin Emma Watson gehört zu ihnen, eine erfolgreiche Schauspielerin und überaus intelligente Frau, die vor der UNO eine beachtliche Rede über Gleichberechtigung gehalten hat. Sie sagt: „Je mehr ich mich anstrenge und je besser ich werde, desto größer wird mein Gefühl, dass der Erfolg, den ich habe, ein großes Missverständnis ist.“

Wenn ich Frauen darauf anspreche, warum sie glauben, dass Glück eine entscheidende Rolle in ihrer Karriere gespielt habe, bekomme ich Antworten wie: „Die Position wurde genau im richtigen Moment frei“ oder „Ohne meinen Mentor hätte ich es nie geschafft“. Sie erkennen nicht, dass es ihre eigene Leistung war, diese Position erfolgreich auszufüllen. Und dass es niemand ohne Unterstützung von anderen nach oben schafft.

Der Gedanke, zu Unrecht aufgestiegen zu sein, kann sehr belastend sein, denn bewusst oder unbewusst kämpfen die Betroffenen ständig mit der Angst, entlarvt zu werden. Sie sind Perfektionistinnen und bereiten sich besonders sorgfältig auf ihre Herausforderungen vor. Wenn dann trotzdem etwas schief läuft, fühlen sie sich in ihrer Minderwertigkeit bestätigt. Geht es entgegen ihrer Erwartung gut, ist das nur auf die extrem harte Arbeit zurückzuführen – oder es war pures Glück. Kommt Ihnen das bekannt vor? Was können Sie tun, wenn Sie ebenfalls glauben, eine Mogelpackung zu sein?

Zunächst mal sollten Sie sich von dem Gedanken verabschieden, perfekt sein zu müssen. Stellen Sie realistische Anforderungen an sich selbst! Sie dürfen nämlich Fehler machen wie jeder andere auch und müssen deshalb nicht befürchten, unfähig zu sein. Auch wenn sie mal kritisiert werden sollten, heißt das nicht, dass sie eine Versagerin sind. Es hilft, sich anzuschauen, wie andere mit Kritik umgehen: Männer lassen negative Rückmeldungen oft gar nicht an sich heran und nehmen sie schon gar nicht persönlich. Das Projekt ist nicht optimal gelaufen? Was soll's, nächstes Mal werden sie es eben besser machen.

Vielleicht machen Sie sich mal eine Liste von erreichten Zielen, auf die Sie stolz sind. Gehen Sie dabei auch ruhig zurück in Ihre Kindheit und Jugend: Wo haben Sie unter Beweis gestellt, dass Sie durchhalten können, dass Sie sich nicht von Ihrem Ziel abbringen lassen, dass Sie Überdurchschnittliches zuwege bringen? Ich wette, da wird Ihnen einiges einfallen.

Fragen Sie auch mal Ihre Kollegen und Freunde, ob sie manchmal an sich zweifeln. Angesichts der oben genannten Zahl ist nicht unwahrscheinlich, dass sie ähnliche Gedanken und Befürchtungen haben wie Sie. Sie sind also nicht allein – und können sich künftig gegenseitig bestärken.  

 

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