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Ist dein Mann kompatibel?

huffingtonpost.de | 12.08.2016

Zwei Freundinnen sitzen im Café. In den Gläsern perlt Prosecco und wartet darauf, zur Feier des Tages durch die Kehlen gespült zu werden. Hören wir den beiden mal zu: „Du Birgit, ich werde heiraten." „Den Tom? Ist der überhaupt kompatibel?" „Was meinst du mit kompatibel?" „Aufstiegskompatibel. Du wolltest doch immer Karriere machen. Was, wenn ein Kind kommt? Das wollt ihr doch sicher auch." Birgits Freundin Ulla beruhigt sie: „Das klappt schon. Tom ist ja ein moderner Typ und er hat versprochen, dass er mich unterstützt."

Das bisschen Haushalt...

Birgit runzelt die Stirn. Das hat sie schon oft gehört, und sie ist heilfroh mit Frank verheiratet zu sein. Für ihn heißt Unterstützung nämlich nicht nur, hin und wieder im Haushalt mit anzupacken und sich ums Kind zu kümmern, wenn sie mal ins Kino will. Er war bereit, den Erziehungsurlaub mit ihr zu teilen, damit auch sie Ihre Karriere vorantreiben konnte.

Bei anderen Männern lösen sich solche Pläne schon mal gern in Luft auf - was keiner ahnt, solange sie vollmundig Werbung in eigener Sache machen.

Dann versprechen sie das Blaue vom Himmel herunter und meinen es tatsächlich ernst. Ist die Schwangerschaft aber erst mal da, finden sie tausend Gründe, warum es doch besser wäre, wenn sie mit ihrem Job Vorfahrt bekämen. Und sei es auch nur, weil sie sich von ihrem (natürlich männlichen) Vorgesetzen ins Bockshorn jagen lassen: „Ja, ja, Meier, natürlich ist es Ihr gutes Recht eine Kinderauszeit zu nehmen. Aber die Zeit bleibt nicht stehen, und wer weiß, was in zwei Jahren ist..."

Weil Birgit eben nicht nur ihr Musterexemplar kennt, sondern auch diverse Pappenheimer, warnt sie ihre Freundin: „Klär auf jeden Fall ab, ob er sich wirklich engagiert. Deine Karriere beginnt am Küchentisch. Ich hab mal ein Interview mit der Facebook-Chefin Sheryl Sandberg gelesen. Ihrer Ansicht nach ist die wichtigste Karriereentscheidung einer Frau nämlich die: ob sie einen Lebenspartner haben will und wen. Glaub mir, da ist was dran."

Als die beiden Freundinnen sich trennen, ist eine von ihnen nachdenklich geworden. Und jetzt raten Sie mal, wer das ist...

Nur eine Geschichte?

Natürlich ist diese kleine Geschichte ausgedacht - die Geschichte wohlgemerkt, nicht ihr tieferer Sinn. In vielen Männerköpfen hat sich seit biblischen Zeiten nämlich nur wenig geändert: Kennen Sie das folgende Zitat? „Und der Mann ist nicht geschaffen um der Frau willen, sondern die Frau um des Mannes willen."

Starker Tobak, nicht wahr? Als Paulus das kurz nach Christus in seinen Korintherbrief packte, entsprach das seiner Zeit. Sowieso kam Eva ja erst durch Adams Rippenspende zur Welt und hatte danach nichts Besseres zu tun, als mit der Schlange die Erbsünde zu erfinden. Offenbar machen Frauen nur Unsinn, wenn sie etwas selbst entscheiden dürfen.

2000 Jahre ist das nun her, und man sollte meinen, die Menschheit wäre ein Stück weiter. Theoretisch ist sie das auch. Praktisch sieht das aber ganz anders aus. Die Managementexpertin Rosabeth Moss Kanter bringt es auf den Punkt. Danach gefragt, was Männer machen könnten, damit Frauen in Führung gehen, hat sie lapidar geantwortet: „die Wäsche".

Eindeutige Zahlen belegen tatsächlich, dass in Sachen Karrieregleichberechtigung noch einiges im Argen liegt. Eine repräsentative Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach belegt, dass sich 66 Prozent der Frauen neben dem Job mehr männliche Unterstützung zu Hause wünschen. Dazu kommt, dass sage und schreibe 81 Prozent der Männer zwischen 18 und 44 immer noch sagen, Frauen könnten die Hausarbeit „einfach besser machen".

Drum prüfe, wer sich ewig bindet...

Aus diesem Grund lautet ein wegweisender Tipp für engagierte Aufsteigerinnen: „Trau, schau, wem! (du dein Jawort gibst)" Die wichtigste Karriereentscheidung fällt auf dem Standesamt - und ist bedeutender als die beste Ausbildung oder Uni, das tollste Unternehmen für den ersten Job, als Auslandserfahrung und erlesenste Weiterbildungen.

Birgit redet ihrer Freundin also ins Gewissen: „Wenn Tom dich hängen lässt, versauerst du am Bügelbrett". Dumm nur, dass Ulla Tom über alles liebt. Das hat zur Folge, dass sie fortan ihren Prosecco lieber mit Freudinnen trinkt, die nicht solche Bedenkenträgerinnen sind. Biggi lässt eh keine Gelegenheit aus, jedem unter die Nase zu reiben, was für einen Riesenkerl sie sich geangelt hat.

Drei Jahre, ungezählte Waschmaschinenladungen und Wechselwindeln später ist Ulla schlauer. Ihr Tom managt ein Börsenportfolio und sie „ein kleines Familienunternehmen", wie eine ziemlich blöde Werbung es mal genannt hat. Prosecco mit Freundinnen? Nur mit dem Zwerg im Schlepptau. Kino am Abend? Jederzeit, falls Tom schon zu Hause ist und nicht ins Fitness-Studio rennt, um Ausgleichssport zu treiben.

Immerhin steht immer ein Kasten Wasser neben dem vollen Kühlschrank des schmucken Einfamilienhauses. Nur liegt das so weit von der Innenstadt entfernt, dass frau sich vorkommt wie im Dorfgasthof auf einer Kaffeefahrt. Weg kommt man erst, nachdem man das ganze Programm gekauft hat.

Wer ist Ihre Biggi?

Die Hans Böckler Stiftung hat 5.000 Paare befragt, wer wem beim beruflichen Vorankommen hilft. Das niederschmetternde Ergebnis: Männer werden durch ihre Partnerinnen unterstützt, Frauen müssen sich auf ihr Netzwerk verlassen - falls sie mit dem Wischmopp in der Hand Zeit haben, es zu pflegen natürlich.

Zwar steigt der Anteil der Männer, die das gute Geld ihrer Frau schätzen, jährlich um ein paar Prozentpunkte an - nur spiegelt sich das nicht in der Aufteilung der heimischen Aufgaben wider. Der Spagat zwischen Job und Hausarbeit bleibt Frauenturnen.

Okay, ich gebe zu: Das alles klingt drastisch. Und ich will Sie natürlich auch ein Stück weit verunsichern. Denn es ist quasi mein Job, Ihre persönliche „Biggi" zu sein. Nicht jede hat live so eine ehrliche Freundin, die ihr beim Prosecco reinen Wein einschenkt. Und sicher: Nicht alle Männer sind gleich.

Es gibt ein paar echte Schmuckstücke. Allerdings ist die Konkurrenz um sie groß und schläft nicht. Grund genug also, hellwach die Augen aufzuhalten und sich die Trüffel aus dem Salat zu picken.

Sie haben es in der Hand

Und wenn Sie selbst schon Kinder haben? Dann fragen Sie sich, was Toms Mutter versäumt hat und was Sie besser machen können. Denn die Herren von heute waren einmal kleine Jungen und die wurden auch von Frauen groß gezogen.

Wenn Sie selbst etwas ändern wollen, machen Sie nicht nur Karriere mit einer schönen Trüffel an Ihrer Seite. Sorgen Sie gemeinsam mit Ihrem Schatz dafür, dass die Männer von morgen keine verwöhnten Jungs in langen Hosen mehr sind. Das bringt Frauen auf dem Karriereweg mehr als alle Quoten der Welt.

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