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Wie hätten Sie uns gern?

Ja, wie hätten Sie uns denn gern?

Neulich ist mir beim Lesen einer Studie wieder einmal der Kragen geplatzt. Bewerberinnen, die nur zwei Monate Elternzeit genommen haben – so hieß es darin –, werden als egoistisch und feindselig empfunden und seltener zu Vorstellungsgesprächen eingeladen als Konkurrentinnen, die ein ganzes Jahr zu Hause geblieben sind. Für die Studie schrieb die Wissenschaftlerin Lena Hipp mehr als 700 fiktive Bewerbungen. Alle Aspirantinnen bewarben sich aus einer festen Anstellung heraus und hatten ein etwa dreijähriges Kind. Der einzige Unterschied: Mal hatten sie für dieses Kind laut Lebenslauf zwei Monate Elternzeit genommen, mal ein ganzes Jahr. Das Ergebnis: Die Bewerberinnen mit der längeren Elternzeit wurden anderthalb Mal so oft zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen.

Wie wir es machen, machen wir es falsch. Entweder wir sind zu lasch oder zu erfolgssüchtig, zu hart oder zu weich, Karrierezicke oder Hausfrau, Rabenmutter oder Heimchen am Herd. Ähnliches gilt für die Attraktivität einer berufstätigen Frau. Man könnte meinen, es gebe nur die sexy Praktikantin oder aber die kompetente, mäßig attraktive Karrierefrau. Nun gut, hier haben wir Frauen wenigstens selbst die Wahl und können mit unserem Auftreten darüber entscheiden: Wollen wir besonders verführerisch wirken oder wollen wir fachlich ernst genommen werden?

Bei der Frage Rabenmutter oder Heimchen am Herd ist es nicht ganz so einfach. Die wenigsten Frauen kann man heute noch in eine der genannten Schubladen stecken – und trotzdem halten sich diese fürchterlichen Etiketten hartnäckig. Dabei wäre es doch viel sinnvoller, dass Arbeitgeber und Vorgesetzte aufgrund der individuellen Stärken einer Frau entscheiden, ob sie zum Vorstellungsgespräch eingeladen wird oder nicht. Dass über das gesprochen wird, was sie gut kann und für welchen Job sie geeignet ist. Bei einem männlichen Bewerber würde man schließlich auch nicht danach fragen, ob er ein Supervater ist oder sich eher weniger um seine Kinder kümmert. Es wird geschaut, ob er gut verkaufen kann, Mitarbeiter führen oder wissenschaftlich forschen. Genau das wünsche ich mir auch für die weiblichen Kandidatinnen.

Den Personalern, die sich wirklich ernsthaft um das Wohl der Kinder Sorgen machen, möchte ich zudem noch mit auf den Weg geben: Inzwischen haben Untersuchungen hinreichend gezeigt, dass Kleinkinder nicht leiden, wenn sie früh in eine Kita mit gutem Personalschlüssel (höchstens zwei bis drei Kinder pro Erzieherin) kommen, sondern in den meisten Fällen von der Fremdbetreuung profitieren. Vielleicht hat die Frau, die früher den Wiedereinstieg sucht, einen kooperativen Partner, der sie unterstützt und sich gleichermaßen an der Kinderbetreuung beteiligt. Leider gibt es davon immer noch zu wenige. Bei Männern hat die Länge der Elternzeit übrigens laut der eingangs zitierten Studie keinen Einfluss auf die Bewerberauswahl: Väter, die den fiktiven Lebensläufen zufolge ein Jahr lang in Elternzeit waren, wurden fast genauso oft zu Vorstellungsgesprächen eingeladen wie Männer mit einer zweimonatigen Auszeit.

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