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Loben und loben lassen

Bild von TeroVesalainen auf Pixabay

Auf den ersten Blick scheint es bei der folgenden Begebenheit mal wieder ungerecht zuzugehen. Denn die Geschichte, aufgrund derer sich vor einigen Wochen im Internet ein Shitstorm zusammengebraut hat, geht so: Eine Frau fliegt ins Weltall und ihr Ehemann bekommt einen Preis als „Spitzenvater des Jahres“. Diesen erhält der dreifache Familienvater dafür, dass er sich ein Jahr Elternzeit nimmt, um seiner Frau die Vorbereitung auf ihr außergewöhnliches berufliches Abenteuer zu ermöglichen. Schnell kann man mit dieser Auszeichnung hadern: Sie fliegt als erste deutsche Astronautin zur Internationalen Raumstation ISS und er heimst die Lorbeeren ein. Zudem beklagten sich viele darüber, dass ein Mann für etwas herausgehoben wird, was Tausende von Frauen ganz selbstverständlich für ihre Partner tun.

Grundsätzlich wehre ich mich heftig gegen Ungerechtigkeiten gegenüber Frauen, in diesem Fall vertrete ich aber eine andere Meinung. Denn hier geht es doch gar nicht darum, wer von beiden mehr Lob oder Anerkennung verdient. Die Intention des Preises ist es, einen Mann sichtbar zu machen, der mit seiner Partnerin eine gleichberechtigte Aufteilung von Beruf und Familienarbeit lebt, die leider noch immer alles andere als selbstverständlich ist. So sieht das auch das ausgezeichnete Paar – Insa Thiele-Eich und Daniel Eich. Die von ihnen gewählte Aufgabenteilung beschreiben sie in ihrer Entgegnung auf die laut gewordene Kritik als grundsätzliches Erfolgsrezept ihrer Partnerschaft. So nahm Daniel Eich auch schon beim ersten Kind ein Jahr Elternzeit und in ihrem Umfeld sind die beiden damit noch immer Exoten, wie sie berichten. Bei der Annahme des Preises ging es ihnen darum, dass sich andere Väter ein Beispiel nehmen.

Diese Einstellung teile ich. Klarstellen möchte ich aber auch: Ebenso wie es wichtig ist, männliche Vorbilder hervorzuheben, müssen wir weiterhin erfolgreiche Raumfahrerinnen, Managerinnen und Wissenschaftlerinnen auszeichnen, die sich in diesen Männerdomänen durchsetzen. Denn auch das ist in unserer Gesellschaft noch immer nicht der der Normalfall und auch von solch mutigen Frauen benötigen wir dringend mehr. Nicht zuletzt sollten wir insgesamt öfter loben. Denn mit positivem Feedback stärken wir neue erwünschte Verhaltensmuster statt alte zu kritisieren. Wir fördern das Neue, statt bei Vertretern des Alten Trotz und Widerstand hervorzurufen. Damit dies funktioniert, müssen wir allerdings auch denjenigen, die gelobt werden, die Anerkennung gönnen, statt ihre Leistungen kleinzureden – womöglich auch, um uns selbst besser zu fühlen.

Auch beim Loben selbst gibt es einige Regeln zu beachten: So sollte man andere nur für eine wirkliche Leistung loben und man sollte es nicht von oben herab tun. So häufen sich neuerdings Beschwerden darüber, dass Männer die Erfolge von Kolleginnen lautstark hervorheben, sich dabei aber gleichzeitig über sie stellen. Sie erklären zum Beispiel, „stolz“ auf den Erfolg der Frau zu sein, obwohl sie gar nichts dazu beigetragen haben. Für dieses Verhalten wurde bereits der Begriff „Mansclaiming“ geprägt und es ist ebenso überflüssig wie das übertriebene Entzücken mancher Frauen, wenn ein Mann einen Kinderwagen schiebt. Loben funktioniert am besten auf Augenhöhe. Wenn sich beide gegenseitig wertschätzen – der bzw. die Lobende und der oder die Gelobte.

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