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Mädels, gebt Gas!

Zum Jahresbeginn hat die Formel 1 die Grid Girls abgeschafft: die gutaussehenden Frauen in knappen Outfits, die die Startnummern der Rennfahrer hochgehalten haben. Eine Entscheidung, die die Rennsport-Welt gespalten hat. Die einen beklagten den Verlust einer jahrzehntelangen Tradition, die anderen freuten sich über einen schon lange fälligen Fortschritt. So erklärt der Formel 1-Marketingchef, dass das Auftreten der Grid Girls nicht den Werten der Marke entspreche, außerdem sei die Praxis nicht mit „modernen sozialen Normen“ vereinbar. Die Frauen in der Startaufstellung seien weder „angemessen“ noch „relevant“ für den Sport und seine Fans. Für viele Piloten jedoch war das schmückende weibliche Beiwerk alles andere als überholt. Im Internet brach gar ein Shitstorm los.

Motorsport-Total-Redakteurin Maria Reyer lobte den Verzicht auf die leicht bekleideten Nummerngirls. Frauen, so erklärte sie, gehörten weg aus der Startaufstellung rein in die Rennautos, die Kommentatorenkabinen und in die Entscheidungsgremien der Teams. Schließlich sollten sie den Sport, der nicht nur für Männer veranstaltet wird, selbst aktiv mitgestalten. Ich kann mich dem nur anschließen. In meiner Kolumne zum Thema hatte ich darum salopp formuliert: Mädels, gebt Gas!

Aber nun, einige Monate später, sieht die Welt schon wieder anders aus: Ende Mai beim Rennen in Monaco tauchten die leicht bekleideten Frauen plötzlich wieder in der Startaufstellung auf. Offiziell wurden die Damen als „Repräsentantinnen“ und nicht als „Nummern-Girls“ geführt. Und das Thema Geschlechtergleichheit wurde geschickt umschifft, indem neben jeder Dame auch noch ein dazugehöriger Mann stand. Die Blicke zogen freilich die Damen auf sich, wie von vielen Motorgazetten nahezu triumphierend berichtet wurde.

Auch Lewis Hamilton freute laut Presseberichten der Schritt zurück: „Ich habe zwar noch nie mit einer der Damen darüber gesprochen, ob sie sich dabei wohlfühlen – deswegen kann ich es nicht wirklich beurteilen. Aber aus meiner Sicht ist es super, wenn man in die Startaufstellung fährt und dort hübsche Mädels stehen. Frauen sind doch das Schönste überhaupt auf der Welt." Auch Ferrari-Star Sebastian Vettel konnte dem Aus für die Grid-Girls nichts abgewinnen: „Warum wir die Mädels ohne Not abgeschafft haben, habe ich nie verstanden.“ Außerdem empfände er das ganze Thema als „aufgeblasen“. Niemand habe die Grid-Girls zu ihrem Job gezwungen. „Und ich bin mir sicher, wenn man sie fragt, ob sie happy sind, werden sie ja sagen.“

Die chauvinistischen Aussagen der Rennfahrer sind eine Ohrfeige für alle, die sich über die berechtigte Abkehr vom Zurschaustellen weiblicher Reize gefreut haben. Aber nicht nur das: Die Rückkehr der Grid Girls durch die Hintertür zeigt einmal mehr: Es ist alles andere als einfach, die klassischen Geschlechterrollen zu verändern und sich als Frau einen gleichberechtigten Platz in der Gesellschaft zu erkämpfen. Wenn man es dennoch versucht, wird einem immer wieder ein harter Wind entgegen blasen. Aber auch daran kann man sich gewöhnen. Und sich nicht nur einmal, sondern immer wieder gegen abschätziges Verhalten und plumpe Aussagen wehren, die am Ende nur eines tun: Frauen klein und harmlos halten. Deshalb sage ich jetzt, nach dem Vorfall in Monaco: Mädels, bleibt auf dem Gas!

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