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Männer- und Frauenhirne

Männer- und Frauenhirne

„Ich kann so schön an was anderes denken, während du redest“, sagte ein Ehemann in meinem Freundeskreis ganz unverblümt zu seiner langjährig Angetrauten. Sie war regelrecht schockiert und das kann ich sehr gut verstehen. Auch wenn das Problem, auf das sie gestoßen ist, weit verbreitet ist: Viele Männer hören Frauen nicht zu, sobald die Berichte oder Erzählungen die Länge von zwei, drei Sätzen überschreiten. Sie schalten einfach ab.

Im Beruf drücken Männer sich meist diplomatischer aus als mein Bekannter. Oft versuchen sie, mit Floskeln darüber hinwegzutäuschen, dass sie nur mit halbem Ohr dabei waren. „Das wird schon, machen Sie sich keine Sorgen“, sagte der Vorgesetzte zu einer meiner Seminarteilnehmerinnen nach ihren längeren Ausführungen über den Stand eines wichtigen Projekts. Dabei hatte sie sich gar keine Sorgen gemacht, sondern Anregungen erhofft. Eine andere Klientin wunderte sich über das schroffe „Ja, ja, alles klar“, mit dem der Chef ihr das Wort abschnitt. Schließlich hatte sie ihm doch gerade eine Reihe offener Punkte geschildert, um die man sich dringend hätte kümmern müssen.

Die schlichte These, dass „Männer nicht zuhören (und Frauen schlecht einparken)“ verbreitete das erfolgreiche Autorenduo Allan und Barbara Pease bereits vor Jahren mit – allerdings nicht näher belegten – Erkenntnissen aus der Hirnforschung. Und eine Studie der Universität Sheffield will herausgefunden haben: Männer können Frauen deshalb schwer zuhören, weil ihr Gehirn auf die größere Vielfalt der Klangfrequenzen von Frauenstimmen ähnlich reagiert wie auf Musik. Das Wahrnehmen weiblicher Stimmen erfordere eine höhere Hirnaktivität und ermüde die Männer schneller.

Neuropsychologen wie Lutz Jäncke von der Universität Zürich hingegen halten es für Unfug, Verhaltensunterschiede zwischen Männern und Frauen aus deren Gehirnstrukturen abzuleiten. Die Unterschiede zwischen weiblichen und männlichen Gehirnen sind unbedeutend, so Jäncke. Eher ist es so, dass wir mit Stereotypen aufwachsen und unser Verhalten daran anpassen: Frau hört, dass sie nicht einparken kann und versucht und übt es erst gar nicht. Mann erfährt, er sei ein schlechter Zuhörer und schaltet beruhigt auf Durchzug, wenn er keine Lust auf lange Erläuterungen hat. In der Psychologie spricht man auch von der „Bedrohung durch Stereotype“, die in verschiedenen Tests nachgewiesen wurde. So schneiden etwa Mädchen bei Mathe-Aufgaben schlechter ab, wenn sie vor dem Lösen der Aufgaben mit geschlechtsspezifischen Vorurteilen konfrontiert werden.

Was Männerhirne angeht, bin ich Optimistin: Ich denke, die Herren der Schöpfung könnten uns durchaus zuhören, wenn sie nur wollten. Zu viele Worte liefern ihnen jedoch einen bequemen Vorwand, sich auszuklinken. Männer lieben also klare Ansagen. Die können sie haben, oder? 

 

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Kommentar von Tina |

Top Beitrag!

Kommentar von von struve |

super Beitrag

Kommentar von Andrea |

Gut auf den Punkt gebracht!

Kommentar von F.A.Ndah |

Sehr interessanter Beitrag!

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