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Misogynie und „Himpathy“

Misogynie (griechisch für Frauenhass) ist ein sperriger und unbequemer Begriff, der in Deutschland selten verwendet wird und auch mir nur schwer über die Lippen geht. Dennoch ist es wichtig, darüber zu sprechen. Überzeugt davon hat mich die US-amerikanische Philosophin und Genderforscherin Kate Manne mit ihrem neuesten Buch „Down Girl“. Darin beschreibt Manne bis ins gewalttätige Detail hinein, wie Frauen in unserer Gesellschaft systematisch klein gehalten werden, damit sie sich nicht aus der unterstützenden und gebenden Rolle herauswagen, die für den männlichen Teil der Bevölkerung so angenehm ist. Männer, so erklärt Manne, fordern von Frauen Zuneigung, Bewunderung, Nachsicht, Liebe und Geborgenheit. Erfüllen Frauen diese Pflichten nicht, droht ihnen der Entzug gesellschaftlicher Anerkennung, harsche Kritik wie wir sie auch immer häufiger in den sozialen Netzwerken erleben oder sogar häusliche Gewalt.

Für den weiblichen Teil der Bevölkerung ergibt sich daraus laut Manne der unausgesprochene Imperativ: Versuche erst gar nicht, männlich kodierte Privilegien zu fordern! Dazu gehören gesellschaftliche Führungspositionen, Autorität, Einfluss und Geld. Um diese Güter sollte eine Frau nicht mit einem Mann konkurrieren. Viele Frauen gehorchen, tun es nicht und verzichten damit auf Macht, beruflichen Erfolg und finanzielle Unabhängigkeit. Tun sie es doch, werden sie oftmals von Schuldgefühlen geplagt. Schließlich sind auch sie in einer Gesellschaft groß geworden, die Männer stärker wertschätzt, und haben die entsprechenden Werte verinnerlicht.

Eine Lösung für diesen so unschönen gesellschaftlichen Mechanismus hat Manne nicht, sie befürchtet sogar, dass die Gegenwehr der Männer noch größer wird, wenn Frauen für ihre Rechte kämpfen. Ihr sachliches und eindringliches Buch ist damit ernüchternd, aber dennoch sehr wichtig. Denn: Wenn wir Frauen uns dieser für uns so schädlichen Abläufe bewusst sind und sie ernst nehmen, können wir zumindest an einigen Stellen gegensteuern. So können wir uns zum Beispiel das schlechte Gewissen sparen, wenn wir uns erfolgreich in typisch männlichen Bereichen behaupten. Und wir können darauf achten, dass wir nicht selbst auch die Leistungen von Männern höher bewerten und erfolgreiche Männer sympathischer finden als erfolgreiche Frauen. Beide Geschlechter tun dies oftmals auch unbewusst und Manne schlägt dafür den Begriff „Himpathy“ vor – ebenfalls ein eingängiges Schlagwort, das uns daran erinnern soll, unsere eigenen Denk- und Verhaltensweisen in Bezug auf Männer und Frauen zu überprüfen.

Zudem hoffe ich sehr, dass das Buch auch manch schlauen Mann dazu veranlassen wird, seine gesellschaftlich geprägten Verhaltensmuster zu erkennen, uns Frauen beizustehen und uns zu ermutigen. So wie Mannes Ehemann: Er ermunterte sie, beim Schreiben ihres Buches deutliche Worte zu wählen und die darin kritisierten Männer nicht gleich wieder in Schutz zu nehmen, wie wir Frauen es ihren Beobachtungen nach gerne tun. Auch das ist eine Neigung, die wir uns selbst bewusst machen sollten, um sie zu so schnell wie möglich zu vermeiden.

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