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Plädoyer für Weicheier

Plädoyer für Weicheier

Bei „Pinkstinks“, einer Organisation, die sich gegen die Pinkifizierung der Mädchen und viele andere Genderklischees ausspricht, habe ich einen Aufruf entdeckt, der mir sehr aus dem Herzen spricht. Es geht um die Aufwertung der „Weicheier“ – sprich Männer, die nicht in James-Bond-Männlichkeitskonzepten verharren und stattdessen ihre Schwächen zugeben und sich liebevoll um ihre Frauen und ihre Kinder kümmern. Denn tatsächlich sollten wir Frauen uns dringend fragen, warum wir gerade diese besonders tollen Exemplare so oft als unsexy abstempeln und damit unbewusst Partner wählen, die uns eben nicht unterstützen und sich nicht besonders um unser Wohlbefinden und unseren Erfolg scheren.

Das mag jetzt hart klingen, aber dieses Phänomen begegnet mir immer wieder: Frauen jeden Alters orientieren sich bei der Männerwahl an sportlichen Höchstleistungen und hohen Gehaltschecks. Und ein paar Jahre später wundern sie sich darüber, dass sie einen Mann geheiratet haben, der in erster Linie an seinem perfekten Body oder seinem Kontostand interessiert ist – oder auch an beidem. Der sich freut, wenn er von seiner Frau unterstützt wird. Der aber sehr viel weniger daran interessiert ist, im Gegenzug seiner Frau zu helfen, wenn sie zum Beispiel mit der Vereinbarkeit von Familie und Karriere kämpft. Immer noch berichten mir viele Frauen von der Attitüde ihrer Männer, dass sie ja ruhig arbeiten können und dass das finanziell auch sehr angenehm ist. Aber dass es bitte die Männer nicht bei der Verfolgung ihrer eigenen Karriereziele oder bei der Ausübung ihrer Hobbys stören soll.

Schuld daran sind zu einem großen Teil die althergebrachten Rollenbilder, derer man sich nur schwer erwehren kann. Unmöglich ist es aber nicht. Deshalb möchte auch ich ein Plädoyer für die vermeintlichen Weicheier halten. Für diejenigen Männer, die uns wirklich zuhören und uns unterstützen – so wie wir das seit Jahrzehnten für sie tun. Die natürlich an sich selbst denken, aber eben auch an uns. Denen das Wir wichtig ist, die echte Kompromisse machen und die mit uns gemeinsam neue Wege gehen wollen. Zum Beispiel die Vier-Tage-Woche ausprobieren, wenn beide Elternteile berufstätig sind oder bereit sind, länger als die beiden Standardmonate in Elternzeit zu gehen, wenn wir gerade an einem entscheidenden Punkt unserer Karriere stehen.

Vielleicht sind das Männer, die nicht überdurchschnittlich viel Geld verdienen und vielleicht haben sie auch nicht die Figur von Ken. Dafür suchen sie auch nicht nach Barbie und scheuen sich nicht, die Spülmaschine auszuräumen und die Kinder von der Kita abzuholen. Sie zeigen Verständnis, wenn wir im Beruf eingespannt sind, kochen uns ein schönes Essen oder laden uns zur Currywurst ein, statt sich über den leeren Kühlschrank zu beschweren. Ich möchte Frauen dazu ermutigen, bewusst nach diesen Männern Ausschau zu halten und sich beim nächsten Date mal zu fragen: Würde dieser Mann das alles für mich tun? Und zwar nicht nur in der Phase der Verliebtheit, sondern auch noch in den nächsten zehn, 20 oder 30 Jahren. Ist ihm eine gleichberechtigte Partnerschaft wirklich ein Anliegen? Vielleicht müssen viele Frauen dafür an ihrem unbewussten Beuteschema arbeiten, aber ich bin mir sicher, das lohnt sich. Denn als selbstbewusste Frauen, die auch an ihrem Fortkommen interessiert sind, fahren wir mit dieser Spezies langfristig besser.

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