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„Sisu“: Stark wie ein Finne

Seit Jahren beobachte ich erstaunt, wie die Skandinavier bei internationalen Glücksvergleichen stets die Spitzenplätze belegen. In diesem Jahr führt Finnland die Rangliste beim World Happiness Report an, Deutschland schafft es dagegen nur auf Platz 15. Und so habe ich mich wieder mal gefragt: Woran liegt es, dass die Menschen im hohen Norden – trotz Kälte und Lichtmangel – so glücklich sind?

Katja Pantzar, eine Journalistin mit finnischen Wurzeln, gibt mit ihrem Buch „Sisu - Der finnische Weg zu Mut, Ausdauer und innerer Stärke“ eine Antwort darauf. Vor einigen Jahren zog sie von Kanada nach Helsinki und schaute sich dort einiges von der Lebensweise der Finnen ab. Sie begann unter anderem, jeden Tag ein Bad im eisigen Wasser zu nehmen und fuhr sogar bei Schneesturm Fahrrad – mit Skibrille. Was zunächst viel Überwindung kostete, zahlte sich schnell aus. „Tatsächlich hat mir das Eintauchen in die finnische Kultur dabei geholfen, nicht mehr die Person zu sein, die passiv, übervorsichtig und zu ängstlich ist, neue Dinge auszuprobieren“, schreibt Pantzar. Es machte sie stolz und selbstbewusst, dass sie sich etwas getraut hatte, statt sich mit einem „Ich kann das nicht“ zu drücken. Und so denkt sie jetzt öfter: „Wow, wenn ich das kann, was kann ich noch alles?“

Es wurde schon so viel über die Komfortzone geschrieben und dass man sie verlassen muss, um neue Erfahrungen zu machen und die eigenen Grenzen zu überschreiten. Genau das scheint sich in Sisu, dem Lebensgefühl der Finnen, zu bewahrheiten. Es macht eben glücklich und zufrieden, wenn man weiß, dass man Dinge gewuppt kriegt und auf seine innere Stärke vertrauen kann. Diese Haltung kann man aber nur erreichen, wenn man mutig ist und sich nicht bei jeder Gelegenheit herausredet, um nur ja kein Risiko einzugehen. Und nicht jede Aufgabe, die unangenehm ist, vor sich herschiebt oder an andere delegiert. Das beginnt mit dem Hausputz oder der Fahrradreparatur und endet noch lange nicht beim Gehaltsgespräch mit dem Chef oder der längst fälligen Aussprache mit der Kollegin, für die wir regelmäßig ohne Gegenleistung Überstunden schieben.

Somit ist Sisu kein geheimnisvolles Glücksrezept, das die Finnen für sich gepachtet haben, sondern eine Anstiftung zur Selbstverantwortlichkeit und Initiative, von der wir uns alle etwas abgucken können. Denn ohne Hartnäckigkeit und Durchhaltevermögen, ohne Tatkraft und Risikofreude kommen wir nirgendwo hin. Dazu müssen wir aber erst einmal unsere Denkweise verändern. Statt „Ich kann nicht“ oder „Ich mag nicht“ sollten wir uns fragen: „Wie schaffe ich es....?“ So verwandeln wir nämlich scheinbare Probleme, vor denen uns graut, zu Chancen für unsere Weiterentwicklung. Vielleicht rücken wir dann sogar in der Glücksstatistik weiter nach oben.

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