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Unbewusst frauenfeindlich

Sind auch Sie schon über den etwas sperrigen psychologischen Fachbegriff Unconscious Bias gestolpert? Dieser fällt in letzter Zeit immer häufiger, wenn es um das Thema Gleichberechtigung geht. Es steht für „unbewusste Voreingenommenheit“ und meint in diesem Zusammenhang: Männer wie Frauen haben gesellschaftliche Geschlechterstereotype derart verinnerlicht, dass diese ihre Entscheidungen und Bewertungen unbewusst beeinflussen – zuungunsten der Frauen. Oft geht es darum, dass wir von Männern und Frauen unterschiedliche Bilder im Kopf haben, was zum Beispiel ihr Können, ihre Führungsfähigkeit oder auch ihre Attraktivität als Vorbild betrifft.

Wie sich das äußern kann, erklärt der Comic-Zeichner Damian Alexander auf charmante und eindrückliche Weise. Er selbst mochte in seiner Schulzeit weibliche Heldinnen. Seine Lieblingsfigur war Matilda aus dem gleichnamigen Buch von Roald Dahl. Ebenso bewunderte er Mary Poppins und Hermine aus Harry Potter. Seine Erklärung in einem Interview mit dem Künstler-Portal Bored Panda, auf das ich durch einen Artikel des österreichischen Frauenmagazins Woman aufmerksam wurde: „Ich denke, das liegt daran, dass Mädchencharaktere dazu neigen, kreative Problemlösungen anstelle von tumber Gewalt einzusetzen, und das fand ich viel ansprechender.“

Doch dann kam der Tag, an dem ihm klar wurde, dass ein Junge, der weiblichen Heldinnen nacheifert, gegen die ungeschriebenen Gesetze der Geschlechterstereotype verstößt. Als er in der Schule einen Charakter nennen sollte, den er bewundert, sagte er: Matilda. Sofort geschah, was er bereits in ähnlicher Form in seiner Familie erlebt hatte: Der Rest der Klasse lachte und die Lehrerin bemühte sich, ihn umzustimmen. Sie fragte: „Wie wäre es mit einem männlichen Charakter wie Superman, Indiana Jones oder Luke Skywalker?“ Die Schlussfolgerung des Künstlers: Jungs wird durch dieses Verhalten gezeigt, dass nur männliche Vorbilder es wert sind, bewundert zu werden. Und zwar so lange bis sie glauben, dass Mädchen peinlich und minderwertig sind. Vielleicht, so erklärt Damian Alexander weiter, würden diese Bemerkungen auch unüberlegt dahingesagt, dennoch haben sie seiner Ansicht nach eine große Wirkung.

Auch ich bin mir sehr sicher, dass wir, ohne es zu merken, eine Menge Schaden anrichten, weil überholte Rollenmuster in unseren Köpfen feststecken. Das gilt für Männer ebenso wie für Frauen. Denn tatsächlich neigen auch viele Frauen dazu, männliche Helden zu verherrlichen und die Leistungen von Frauen weniger wertzuschätzen – weil auch sie das so gelernt und verinnerlicht haben. Das zementiert das bestehende Ungleichgewicht und lässt uns in alten, von Männern geprägten Strukturen verharren. Gegen diese unbewussten Muster anzukämpfen ist nicht ganz einfach, schließlich sind sie uns ja nicht bewusst. Wenn wir uns aber für die Bedeutung dieser ungünstigen Unconscious Biases sensibilisieren und mehr darauf achten, dann werden sie uns auch öfter auffallen und wir können uns und die nachfolgenden Generationen von ihnen befreien.

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