Wortlos siegen

Derzeit beobachte ich ebenso gespannt wie entsetzt den Präsidentschaftswahlkampf in den USA. Oftmals schaffe ich es nur mit Mühe, vor dem Fernseher sitzen zu bleiben. Am liebsten würde ich aufspringen und den bizarren Parolen von Donald Trump direkt widersprechen. Aber selbst das beste Gegenargument würde gar nichts helfen. Denn so viel ist sicher: Keine noch so ausgeklügelte Beweisführung könnte diesen Mann zur Vernunft bringen.

Nicht nur in der Politik, auch im Berufsleben können solche Situationen auftreten. Zwar ist nicht jede Frau mit Vorgesetzten oder Kollegen Trump'schen Ausmaßes gestraft. Aber auch harmlosere Exemplare können einem das Leben schwer machen. Manchmal führen dann die besten Argumente nicht zum Ziel, weil die Männer einfach abschalten und nicht mehr zuhören. In dem Fall kann es helfen, im richtigen Moment zu schweigen und den Anderen so aus der Fassung zu bringen.

Denken Sie etwa an eine Gehaltsverhandlung: Der Chef versucht, mit allen Mitteln gegen eine Erhöhung zu argumentieren. Er versucht es sogar mit einem Appell ans schlechte Gewissen. „Frau XY, was Sie fordern, ist bei der derzeitigen Marktlage einfach nicht drin. Warum bringen Sie mich so in die Bredouille?“ Eine Frau, die solche Einwände schweigend an sich abprallen lässt und nicht zurückweicht, so eine Frau irritiert, beeindruckt und wird respektiert. Denn das Gegenüber, das eigentlich erwartet hatte, dass man dagegen hält oder sich rechtfertigt, wird sich automatisch fragen, warum man sich in Schweigen hüllt. Da solche Gesprächspausen und die damit verbundene Unsicherheit nur schwer zu ertragen sind, wird der andere versuchen, das Schweigen so schnell wie möglich zu brechen, indem er etwa Zugeständnisse macht, die er sonst nicht gemacht hätte.

Leider liegt uns Frauen die nonverbale Kommunikation nicht besonders. Statt auf Gestik, Mimik oder Distanz und Nähe zu setzen, tendieren wir dazu, viele Worte zu machen und uns in Details zu verstricken. Es kann sinnvoll sein, erst mal zu Hause mit einer Freundin zu trainieren, das Schweigen auszuhalten. Das ist nämlich gar nicht so einfach, wenn man es nicht gewohnt ist. Wer trainiert, ist dem Anderen gegenüber schon im Vorteil – und hat ein echtes As im Ärmel, um in schwierigen Gesprächen die Oberhand zu behalten.

Denn Schweigen ist Macht – das können wir nicht zuletzt an Angela Merkel beobachten. Sie ist eine Meisterin des beredten Schweigens. Schon so manchen politischen Gegner hat die Kanzlerin mit dieser Taktik ausgebremst. Wie wohl ein Duell zwischen ihr und Donald Trump verlaufen würde?